Archiv

HyMat 1 – Hybridmaterialien

„HyMat1“ – Richtlinie zur Förderung von Vorhaben im Rahmen der Werkstoffplattform Hybride Materialien – Neue Möglichkeiten, Neue Marktpotenziale. Bewerbungsfrist: 09. November 2018

Der Förderaufruf (HyMat1) zielt auf die Beseitigung der Markthemmnisse im Bereich Fertigung und Verbindungstechnik. Adressiert wird daher die werkstoffgerechte Fertigung von Hybridmaterialien, die zugleich kosteneffizient ist. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Anpassung bestehender und bewährter Verbindungstechnologien an hybride Werkstoffsysteme und steigende Produktanforderungen. Im Ergebnis der Projekte wird eine signifikante Steigerung der Marktfähigkeit und der industriellen Anwendung von Hybridmaterialien erwartet. Ziel ist die Steigerung des technologischen Reifegrads (TRL, Technology Readiness Level) hybrider Materialien.

In Hybridwerkstoffen werden Materialien unterschiedlicher Werkstoffklassen zu einem neuen Werkstoffsystem so kombiniert, dass sich die Vorteile aller Komponenten ergänzen und/oder neue Eigenschaften möglich werden. In der Werkstoffplattform HyMat werden ausschließlich solche Hybridmaterialien betrachtet, die bereits einen gewissen technologischen Reifegrad (Technology Readiness Level, TRL) erreicht haben und deren breites Anwendungspotenzial bereits nachgewiesen ist. Der TRL beschreibt die Entwicklungsstufe einer Technologie, eines Verfahrens oder einer Dienstleistung. Ausgangspunkt zu Projektstart ist der Status quo der bisher erreichten Entwicklungsstufe einer werkstoffbasierten Technologie, eines Verfahrens oder einer Dienstleistung, die spezifisch zu beschreiben ist (mindestens TRL 4). Der TRL der Hybridmaterialien kann dabei von Material zu Material variieren. Darüber hinaus muss die mit dem Projekt zu erreichende Entwicklungsstufe zuvor klar definiert werden und mit einer Steigerung des technologischen Reifegrads einhergehen, also beispielsweise in einer Demonstrations- oder Pilotanwendung münden (TRL 5 bis 7).

Hybridmaterialien werden in der Werkstoffplattform HyMat als Kombination unterschiedlicher Materialklassen zu einem neuen Materialsystem verstanden. Die Materialklassen werden wie folgt definiert:

A. Nichtmetalle (inklusive Naturstoffe)
1. Anorganische Nichtmetalle, z. B.
• Keramik
• Glas
• Kohlenstoffmaterialien, wie bspw. Carbonfasern (ausgenommen sind nanoskalige Carbonwerkstoffe)
• Anorganische Naturstoffe

2. Organische Nichtmetalle, z. B.
• Kunststoffe
• Organische Naturstoffe

B. Metalle und Halbmetalle
1. Eisenmetalle
• Stähle
• Eisengusswerkstoffe

2. Nichteisenmetalle
• Leichtmetalle und deren Legierungen
• Schwermetalle und deren Legierungen

3. Halbmetalle
• Materialien auf Basis von Bor, Selen, Tellur, Germanium, Silizium und andere

Basierend auf dem aktuellen Stand der Technik wurden für hybride Materialien verschiedene Innovationshemmnisse auf dem Weg zur Marktfähigkeit identifiziert. Die Defizite und die hierfür relevanten Hybridmaterialien werden nachfolgend detailliert:

1. Fertigung
Für die Weiterentwicklung bekannter Hybridmaterialien ergeben sich im Hinblick auf deren Marktfähigkeit und Großserientauglichkeit vielfältige Herausforderungen an die Fertigungstechnologien. Oberstes Ziel ist eine werkstoffgerechte Fertigung, die zugleich kosteneffizient ist. Im Bereich der Fertigung können zu nachfolgend aufgeführten Hybridmaterialien Projektvorschläge eingereicht werden:

  1. Kombinationen mindestens je einer Komponente der Materialklassen Nichtmetalle (A) und Metalle (B).
    Interessante Materialkombinationen in diesem Zusammenhang sind beispielsweise: Faserverstärkte Kunststoffe in Kombination mit Aluminium, Stahl und/oder Magnesium; Faserstrukturen aus Metall- und Kunststofffasern; leitfähige, transparente oder isolierende Komposite.
  2. Kombinationen mindestens zweier Komponenten aus der Materialklasse Nichtmetalle, wobei eine Komponente dem Bereich der anorganischen Nichtmetalle (A1) und die andere Komponente dem Bereich der organischen Nichtmetallen (A2) zugeordnet sein muss.
    Beispiele sind anorganisch-organische (Nano)komposite sowie glasfaser-, carbonfaser- oder basaltfaserverstärkte Kunststoffe. Ausgeschlossen sind kurzfaserverstärkte Kunststoffe (Faserlänge < 2 mm) und bei den glasfaser- und carbonfaserstärkten Kunststoffen jene mit duroplastischer Matrix.

Hohe Investitionskosten für neue Anlagen zur Herstellung oder Weiterverarbeitung von Hybridmaterialien sowie die Umrüstung bestehender Maschinen und die Anpassung der Prozesskette auf hybride Materialien sind häufig mit hohen Kosten verbunden. Darüber hinaus werden notwendige Taktzeiten bei der Herstellung von Werkstoffsystemen noch nicht erreicht, sodass die Fertigung von Hybridmaterialien aus wirtschaftlicher Sicht häufig unattraktiv ist und einem Marktdurchbruch im Wege steht. Eine ökonomische und gleichzeitig ressourceneffiziente Herstellung von hybriden Materialien erfordert bspw. den Einsatz gleicher Verfahren und Anlagen für mehrere Werkstoffhybride als auch die Kombination verschiedener Werkstoffe zu einem Bauteil oder einem Produkt zur Erzielung der besten Gesamteigenschaften. Dafür ist zum einen die Herstellung von Material-Hybriden in nur einem Fertigungsschritt denkbar und zum anderen sind modulare/wandlungsfähige Fertigungstechniken essentiell. Aufgrund der Vielzahl an möglichen Werkstoffkombinationen müssen diese Verarbeitungsprozesse vor allem hinsichtlich Komplexität und Adaptierbarkeit angepasst werden.

Darüber hinaus beeinflussen die Verarbeitungsschritte die Grenzflächen zwischen den Einzelkomponenten und die Bauteileigenschaften maßgeblich. Sie werden aufgrund der Diversität an Hybridmaterialien und entsprechenden Produkten immer komplexer. Für eine Marktdurchdringung sind demzufolge ein hohes Maß an Prozesskontrolle und ¬-sicherheit sowie eine integrierte Qualitätsüberwachung bei der Fertigung unabdingbar. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Entwicklung automatisierter Fertigungstechnologien voranzutreiben. Dies beinhaltet auch die Entwicklung von Steuerungs-, Überwachungs- oder Handhabungs- und Transportprozessen. Projektvorschläge allein zur generativen Fertigung sind im Rahmen dieser Förderrichtlinie ausgeschlossen.

Aufgrund gesteigerter Produktanforderungen wird ein weiterer entscheidender Schritt bei der Fertigung von hybriden Materialien die Funktionsintegration sein. Beispielhaft zu nennen sind Sensoren, die Materialherkunft und -zustand wiedergeben oder äußere Einflüsse messbar machen. Auch Aktoren oder andere aktive Elemente, die beispielsweise Lärm und Schwingungen kompensieren, generieren einen entscheidenden Mehrwert von Hybridmaterialien gegenüber klassischen Materialien. Für derartige Entwicklungen sind unter anderem neue Fertigungsmethoden, die Designfreiheit zulassen, sowie Methoden für eine verbesserte Prognosegüte zu entwickeln.

2. Verbindungstechnik
Materialverbindungen sind bedeutend, damit Werkstoffe, Konstruktion und Fertigungsverfahren optimal zusammenspielen. Die Verbindungstechnik umfasst hier die Herstellung von Hybridwerkstoffen und -bauteilen aus Einzelkomponenten. Adressiert werden in diesem Schwerpunkt ausschließlich stoffschlüssige Verbindungen, bei denen die einzelnen Materialkomponenten durch atomare oder molekulare Kräfte zusammengehalten werden.

Im Bereich der Verbindungstechnik können zu folgenden Hybridwerkstoffen Projektvorschläge eingereicht werden:

  1. Kombination mindestens je einer Komponente der Materialklassen Nichtmetalle (A) und Metalle (B).
    Interessante Materialkombinationen in diesem Zusammenhang sind bspw. faserverstärkte Kunststoffe in Kombination mit Aluminium, Stahl und/oder Magnesium; Faserstrukturen aus Metall- und Kunststofffasern; leitfähige, transparente oder isolierende Komposite.
  2. Kombination von metallischen, anorganischen oder organischen Fasern mit mindestens einer der Matrizes Kunststoff, Keramik bzw. Metall.

Die Verbindung der einzelnen Komponenten kann mit arteigenen oder artfremden Zusatzstoffen erfolgen. Artfremde Zusatzstoffe werden jedoch nicht als einzelne Komponente der Hybridmaterialien im Sinne der oben aufgeführten Einteilung betrachtet. Dementsprechend ist die Materialkombination Metall-Kleber-Metall nicht Bestandteil des Schwerpunkts II.

Um die Marktfähigkeit von hybriden Materialien zu steigern, fehlen für stoffschlüssige Verbindungen insbesondere maßgeschneiderte Füge- und Klebtechniken. Bestehende und bewährte Verbindungstechnologien müssen an hybride Werkstoffsysteme und steigende Produktanforderungen angepasst werden. Besonders interessant sind hier neuartige Schweiß- und Klebtechniken sowie Möglichkeiten zum prozessintegrierten Fügen.

Auch die gezielte Nutzung von Oberflächen-Phänomenen oder inneren Grenzflächen machen Hybridmaterialien mit Blick auf Interaktivität und Ausnutzung ihrer besonderen Eigenschaften im Vergleich zu klassischen Materialien attraktiv. Neben der Entwicklung von Haftvermittlern für die entsprechende Festigkeit ist die Oberflächenfunktionalisierung von großer Bedeutung, um unter anderem Defizite wie Korrosions- und Verschleißschutz zu lösen.

Gleichzeitig ist es notwendig, die physikalischen Eigenschaften im Verbund und der einzelnen Materialkomponenten zu bestimmen, um optimierte Verbindungen herzustellen. Hierfür ist neben der Lösung der Grenzflächenprobleme die Entwicklung neuer Prüftechniken notwendig. Neben Verbindungen, die z. B. eine ausreichende Übertragung der Zug- und Druckkräfte gewährleisten und/oder auf klimatische und thermische Längenänderungen der unterschiedlichen Materialpartner reagieren, sind zerstörungsfreie Prüfmethoden für derartige Hybridstrukturen zu entwickeln.

Projektvorschläge zum Schwerpunkt Verbindungstechnik müssen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit grundsätzlich Ansätze für Reparaturkonzepte oder Lösungen für Reparaturen des betrachteten Hybridmaterials enthalten.

Antragsberechtigt sind Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Die Ergebnisse des geförderten Vorhabens dürfen nur in Deutschland oder dem Europäischen Wirtschaftsraum und der Schweiz genutzt werden.

Förderfähig im Rahmen dieser Richtlinie sind Verbundvorhaben.
Die Beteiligung von Industriepartnern ist wesentlich für die erfolgreiche Projektdurchführung und Verwertung der Projektergebnisse. Daher sollen in der Regel mindestens zwei Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, davon mindestens ein KMU, am Projekt beteiligt sein. Die Konsortialführerschaft ist von einem der beteiligten Unternehmen zu übernehmen.

In der Werkstoffplattform HyMat ist eine Förderung von Verbundprojekten unter Beteiligung von Start-ups möglich und wird besonders begrüßt. Es können grundsätzlich auch internationale Kooperationen im Rahmen der verschiedenen Abkommen zur wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit gebildet werden.

Höhe der Zuwendungen: Die Zuwendungen werden im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt. Die Förderquote für Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft beträgt bis zu 50 %.

Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF den Projektträger Jülich (PTJ) beauftragt.
Das Antragsverfahren ist zweistufig angelegt. Die Einreichungsfrist zur Vorlage der Projektskizzen ist der 09.November 2019.